Konsum 2011 - Optimisten setzen auf Deutschland
Rolf Bürkl, Senior Research Consultant
Business & Technology, GfK Marktforschung,
verantwortlich für das GfK Konsumklima
Deutschland hat die Finanz- und Wirtschaftskrise
mit beindruckender Dynamik hinter
sich gelassen. Während das Bruttoinlandsprodukt
(BIP) im Krisenjahr 2009 noch um 4,7 %
schrumpfte und das Land die schwerste Rezession
der Nachkriegszeit durchlebte, schnellte das BIP
im vergangenen Jahr um 3,6 % nach oben − so
stark wie seit der deutschen Wiedervereinigung
nicht mehr. Im gleichen Maße wie Wirtschaftsforscher
ihre Prognosen nach oben revidierten,
stiegen laut Erhebungen des GfK-Konsumklimas
auch die Konjunkturerwartungen der Verbraucher
ab Sommer 2010 steil an. Der Aufschwung
wirkte sich sehr positiv auf den Arbeitsmarkt aus.
Laut Bundesagentur für Arbeit lag die Zahl der
Erwerbslosen im Jahresdurchschnitt bei 3,244
Millionen und sank damit um 5,2 % gegenüber
dem Vorjahr. Mit dem Unterschreiten der psychologisch
wichtigen Drei-Millionen-Marke im
Herbst 2010 lieferte die Arbeitsmarktentwicklung
einen entscheidenden Schub für das Vertrauen
der Verbraucher in die eigene wirtschaftliche und
berufliche Zukunft.
Bei den Verbrauchern ist ein anhaltender
Trend hin zur Qualität festzustellen.
Auch die Einkommenserwartung legte im Jahresverlauf
deutlich zu. Gestartet bei 12 Indikatorpunkten
im Januar stieg der Wert auf 40 Punkte
im Dezember an und erreichte damit fast das
Hoch der Jahre 2000 und 2001. Die deutschen
Verbraucher erhofften sich vom Aufschwung
einen deutlich positiven Effekt bei den Löhnen
und die letzten Tarifabschlüsse bestätigen diese
Erwartungshaltung. Die positiven Rahmenbedingungen
und die steigende Planungssicherheit der
Verbraucher zeigten auch bei der Anschaffungsneigung
ihre Wirkung, die sich von einem ohnehin
hohen Niveau stabil nach oben entwickelte. Im
Jahresdurchschnitt 2010 erreichte der Indikator
einen Wert von 27 Punkten und stieg damit
gegenüber dem bereits sehr erfreulichen Wert des
Vorjahres erneut um sechs Zähler. Auch der GfKKonsumklimaindex
zeigte entsprechend einen
kontinuierlichen Aufwärtstrend und erreichte zum
Jahreswechsel 2010/2011 ein Drei-Jahres-Hoch.
Laut GfK-Berechnung legten der deutsche Lebensmittelhandel
und die Drogeriemärkte im letzten
Jahr beim Umsatz zu. Mit einem Plus von 1,2 %
erreichten sie ein Volumen von 154 Mrd. € und
damit einen neuen Bestwert. Auch der so genannte
Non-Food-Handel, Bereiche wie Elektroartikel,
Textilien, Möbel oder Heimwerkerbedarf konnten
deutliche Umsatzgewinne verbuchen. Mit einer
Steigerungsrate von geschätzten 2,6 % und einem
Gesamtumsatz von knapp 148 Mrd. € erzielte das
Non-Food-Segment das beste Umsatzergebnis seit
dem Jahr 2002. Besonders wachstumsstark zeigten
sich hier die technischen Gebrauchsgüter, zu
den unter anderem die Unterhaltungselektronik,
Informationstechnologie (IT), Telekommunikationsprodukte,
das Fotosegment sowie Haushaltsgeräte
zählen. Ihr Umsatz steigerte sich um gut 8 %
auf 47 Mrd. €.
Bei den Verbrauchern ist ein anhaltender Trend
hin zu Qualität und weg von der reinen Fokussierung
auf den günstigsten Preis festzustellen. Ein
Beispiel ist der Textilhandel. Die Branche erzielte
im vergangenen Jahr ein Umsatzvolumen von
rund 40 Mrd. € wobei der Wertzuwachs 2,4 %
betrug und die verkaufte Menge gleichzeitig leicht
zurückging. Die Verbraucher gaben im Schnitt
mehr pro gekauften Artikel aus und griffen eher
zu höheren Qualitäten.
Zum Jahresbeginn 2011 verstärkt sich der Konsumoptimismus
der Deutschen weiter. Die Anschaffungsneigung
steigt im Januar auf einen Wert von
41,8 Zählern − den höchsten Stand seit Dezember
2006 − und das trotz der zuletzt angestiegenen
Preiserwartung. Die positiven Aussichten am
Arbeitsmarkt befeuern weiterhin die Konsumstimmung.
Die GfK erwartet, dass der private Konsum im
Jahr 2011 mit einem Plus von 1,5 % deutlich
zulegt und seine Wachstumsrate gegenüber dem
Vorjahr verdreifacht. Die neue Konsumfreude der
Deutschen beflügele nicht nur den Aufschwung,
sie entwickele sich zu einer nachhaltigen und verlässlichen
Stütze der Binnenkonjunktur erwarten
die Forscher der GfK.
Deutschland nimmt im europäischen Vergleich
derzeit eine Sonderstellung ein. Der Aufschwung
beflügelt nicht nur die Unternehmen, auch die
Stimmung der Verbraucher hat sich nachhaltig
gebessert. Galten die Deutschen früher als Angstsparer
und äußerst preissensible Konsumenten, so
achten sie heute immer stärker auf Qualität und
geben ihr Geld gerne aus. Die deutschen Verbraucher
sind seit letztem Jahr die Konsum-Optimisten
Europas. Der private Konsum ist mittlerweile eine
stabile Säule für einen anhaltenden Aufschwung.
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